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5.-11.12.2021


Dennoch die Hoffnung

Lukas 21,28 


Die Texte der Adventszeit stellen immer wieder einen Zusammenhang her zwischen der Geburt Jesu und seiner Wiederkehr am Ende der Zeiten. Unser Spruch stammt aus einem Textabschnitt, der von der endzeitlichen Wiederkehr des Christus handelt.

Die Geburt Jesu und Christi Wiederkehr scheinen in ihrem Charakter weit auseinander zu liegen: Jesu Geburt ist ein Ereignis, das unser Herz anrührt. Es öffnet und erwärmt uns. Die Schilderung der endzeitlichen Wiederkehr mit all den schrecklichen Begleitumständen bringt unser Herz eher ins Stocken. Wir erschrecken. Wir sind geneigt, uns zu verschließen, in Deckung zu gehen. Demgegenüber wird uns aber gesagt: „Richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.“

Wenn die beiden Ereignisse in ihrem Charakter und in ihrer Wirkung auf uns zunächst so verschieden erscheinen, so haben sie doch ein gemeinsames Anliegen: Sie wollen uns beide eine Hilfe sein angesichts der Bedrohungen und Schrecken unserer Welt. Die Geburt Jesu wird verglichen mit dem Anzünden einer Kerze in der Dunkelheit: Christus erhellt die Finsternis unserer Welt. Damit ist bildhaft zum Ausdruck gebracht: In unsere Welt voller Probleme, voller Not und Elend, voller Ungerechtigkeit und Gleichgültigkeit, voller Hass, voller Gewalt und Schuld tritt er ein als die fleischgewordene Barmherzigkeit, Gnade, Vergebung, Zuwendung, Liebe. Mit seinem Auftreten gibt er allen Kraft und Hoffnung, die in den unheilvollen Verstrickungen unserer Welt gefangen sind.

Es bleibt aber die Erfahrung, dass sich die Welt auch durch das Auftreten Jesu Christi im Großen und Ganzen nicht verändert hat. Die ersten Christen und schon viele Menschen vor ihnen hatten ein Gespür dafür, dass alles noch viel schlimmer kommen könnte. Angesichts solcher schrecklichen Zukunftsvisionen von Kriegen und Verwüstungen, Naturkatastrophen und kosmischem Unheil wird den Verängstigten gesagt: „Es wird nicht nur Unheil auf euch zukommen; in allem Schrecklichen wird euch von neuem Christus begegnen. Wenn ihr also das Unheil auf euch zukommen seht, dann geht nicht schon vorher an eurer Angst zugrunde, sondern fasst euch in Zuversicht und Hoffnung und tut das, was ihr vor Christus meint vertreten zu können.“

Es hat in der Vergangenheit große geschichtliche Katastrophen gegeben, bei denen viele Menschen vielleicht schon gemeint haben, die Schrecken der Endzeit seien angebrochen. Die letzte große Katastrophe dieser Art in unseren Breiten war sicherlich die Zeit des Nationalsozialismus mit der Judenvernichtung und dem zweiten Weltkrieg.

Sowohl bei der Geburt Jesu wie bei der Wiederkehr Christi geht es um die Hoffnung angesichts der vielen Hoffnungslosigkeiten unserer Welt. Statt dass wir den Kopf einziehen und verängstigt in Deckung gehen, sollen wir uns aufrichten und auf den blicken, der in seiner Person dem Leid und der Not und der Schuld das ganz Andere entgegengesetzt hat und entgegensetzen wird. Christus war und ist unsere Hoffnung. Er wird unserer Hoffnung bleiben.

(Morgenandacht in St. Markus, Hamburg-Hoheluft, 6. Dezember 1983)

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