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7.-13.4.2024


Zuspruch und Anspruch

1. Petrus 1,3


Von Wiedergeburt ist hier die Rede. Bevor wir wiedergeboren werden, müssen wir erst einmal geboren werden. Ohne Geburt kein Leben. Der Tag der Geburt ist darum ein Grund zum Feiern.

Was nun die Wiedergeburt angeht, so sagen wir manchmal ganz profan: „Ich fühle mich wie neugeboren!“ und meinen damit: „Das Bad hat mir außerordentlich gut getan.“ Wir sind nicht nur sauber, sondern wir fühlen uns auch rundherum wohl, als wären gleich alle Sorgen mit weggewaschen und als hätte das Bad uns mit frischen jugendlichen Kräften ausgestattet. Der Ausspruch ist jedenfalls ein großes Kompliment an das, was da gerade an uns geschehen ist.

In einer weniger profanen und mehr dramatischen Situation haben wir aus der Tiefe unseres Herzens heraus vielleicht einmal gesagt: „Mir ist, als wäre mir das Leben ein zweites Mal geschenkt.“ Dann meinen wir, dass wir z. B. einen Unfall oder eine schwere Krankheit überlebt haben, obwohl wir schon unser Ende vor Augen gehabt hatten.

Profan oder dramatisch - in beiden Fällen wird das neue Leben gepriesen als etwas uns Geschenktes, als etwas an uns Geschehenes.

So ist es auch mit Ostern: Die Auferstehung Jesu Christi ist ein Geschehen an uns. Ebenso ist es mit der Taufe. Sie ist im übertragenen Sinne das Geschenk eines neuen Lebens. Der 1. Petrusbrief dankt dafür mit diesem Lobpreis: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.“

Im weiteren Verlauf des Textes spricht der Petrusbrief auch von den Konsequenzen, die aus dem folgen, folgen sollen, was uns zu Ostern zuteil geworden ist. Er versteht die Gabe zugleich als eine Aufgabe und sieht mit dem Zuspruch zugleich einen Anspruch verbunden.

Es kann nicht sein, dass wir nur etwas Gutes an uns geschehen lassen und es dann bei dem herzlichen Dankeschön bewenden lassen. Das hieße ja, es wie einen Raub festzuhalten, was uns zuteil geworden ist.

Wenn wir Gott preisen und danken, dann sollen wir dies nicht nur mit Worten tun, sondern mit unserem Leben, mit einem im Konkreten veränderten Leben. Dabei sollen wir uns an Leben und Geist dessen orientieren, von dem her wir das neue Leben empfangen haben. Auch als gute Lutheraner und Paulaner, die wir so gern den Zuspruch an uns betonen, sollen wir den daraus ergehenden Anspruch an uns nicht vergessen. Die Barmherzigkeit Gottes wird unbarmherzig, wenn wir sie als Privileg für uns behalten. Wir sollen nicht nur Leben empfangen, sondern auch Leben schenken und dem Leben dienen.

(Morgenandacht in St. Markus, Hamburg-Hoheluft, am 8. April 1997)

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